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Hans
Kündgen - Luftboy auf dem Flughafen Butzweilerhof
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Damals
wie heute ist Service das A & O einer guten Firma. Um den Fluggästen
behilflich zu sein, wurden Luftboys eingestellt, die sich um den Service
rund um die Passagiere kümmerten. Einer dieser Luftboys war Hans Kündgen,
der mit 14 Jahren (* 30. Mai 1912) am Montag den 2. Mai 1927 seinen Dienst als Luftboy auf
dem Flughafen Köln Butzweilerhof antrat. Zu dieser Zeit wurden nur auf den
Großflughäfen Berlin-Tempelhof und Köln Butzweilerhof Luftboys eingesetzt.
Ich traf Hans Kündgen im hohen Alter von 92 Jahren. Während unseres ersten
Treffens erzählte er mir aus seinen Dienstjahren auf dem ersten Kölner
Flughafen. Durch seine Erzähungen wurde auf einmal die
Vergangenheit wieder lebendig. Namen wie Buster Keaton, Romano Navarro und
Pola Negrie tauchten auf und trugen zu der Stimmung der 1920er Jahre bei.
Herr Kündgen erzählte mir, dass die Maschinen noch nicht die Reichweite
hatten um direkt von der Berlin nach Paris zu fliegen. Die Passagiere
mussten also in Köln umsteigen. Auch hatten die Flugzeuge der ersten Jahre
keine Toilette, was zwangsläufig zu einer Pause führen musste.
Neben
Hans Kündgen gab es auch mindestens zwei andere Luftboys. Hier auf dem
rechten Bild
zu sehen: Hans Kündgen (links). Der
Luftboy in der Mitte, dessen Name leider unbekannt ist, verließ bald den
Flughafen um eine Lehre als Friseur zu beginnen. Der Luftboy auf der rechten
Seite, der auch den Namen Hans trug, wurde bald zum Lufthansa-Büro im Dom-Hotel versetzt. Dort
half er den Fluggästen in das abfahrbereite Auto, mit dem die Fluggäste zum
Flughafen chaufiert wurden. Dort wurden sie dann von dem diensthabenden
Luftboy wie z.B. Hans Kündgen, in Empfang genommen.
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Die Leitung des
Flughafen Köln Butzweilerhof. Ganz links des Chef des Kölner Flughafens
Maximilian Hantelmann. |
Hier auf dem Flughafen war es nun Aufgabe der Luftboys das Gepäck der
Passagiere zu tragen und darauf zu achten, dass die Passagiere auch die
richtigen Maschinen bestiegen. Am Flugzeug händigten die Luftboys den
Passagieren auch Ohrenwatte gegen den Fluglärm aus. Bei ankommenden
Fluggästen waren die Luftboys dafür zuständig, dass die Fluggäste zur
Zollkontrolle geführt wurden. Natürlich waren sie auch für die Verladung der
Fracht verantwortlich. Besonders konnte sich Herr Kündgen daran erinnern, dass
Ersatzteile für Citroen und Saxophone per Luftfracht transportiert wurden.
Die Autoersatzteile wurde jede Woche aus Paris eingeflogen und vom
Werkstattmeister abgeholt. Herr Kündgen wunderte sich dass nur Saxophone
eingeführt wurden, aber keine anderen Instrumente.
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Ein Rollwagen der an Flugzeuge wie Junkers
F 13 heran gefahren werden musste. |
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Die drei Luftboys vom Flughafen Butzweilerhof. |
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Sobald es vom Verkehrsturm einmal tütete, war es die Aufgabe der Luftboys,
die Rolltreppe an die Maschinen heran zu fahren. Zwei Mal tüten hieß, dass
der Zoll die anfliegende Maschine, die aus dem Ausland kam, kontrollieren
musste. Als Herr Kündgen mir diese Geschichte erzählte, kniepte er mich
an und meinte mit einem Grinsen: "Als ich alt genug war, haben die mir auch
erzählt, warum die bei den Maschinen aus Paris immer so lange brauchten."
Ich fragte natürlich sehr interessiert warum dies denn so wäre. Herr Kündgen
lachte und erzählte: "Dann haben die die Innenverkleidung der Flugzeuge
abgebaut und Pornohefte dahinter heraus geholt. Die durften nämlich nicht
nach Deutschland eingeführt werden."
Besonders an die Fluggäste Buster Keaton, Pola Negri und Ramona Navarro
konnte Herr Kündgen sich gut daran erinnern. Zu dieser Zeit waren aber auch
folgende Personen zu Gast auf dem Flughafen Butzweilerhof: Konrad Adenauer,
Friedrich Ebert, Gerhard Fieseler, Otto Koennecke, Hermann Köhl, Pater Paul
Schulte und Rechskanzler Wilhelm Marx. Hans Kündgen konnte sich aber auch an
Adolf Hitler erinnern. Dazu erzählte er, dass die Maschine des "Führers" aus
der R-Halle gerollt wurde, Hitler fuhr vor, stieg ein und die Maschine
startet.
Unten: Der
Flughafen Köln Butzweilerhof 1927. Links der Verkehrsturm, in der Bildmitte
die Besucherterasse. Im Vordergrund links zwei Junkers F 13 rechts eine
Donier Merkur.
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Der
Kölner Flughafen war auch ein wichtiger Umschlagplatz für Luftpost. Diese
Luftpost wurde hier gesammelt, sortiert und auf Maschien umgeladen die in
die Empfängerstädte flogen. Hier sehen wir einen Luftboy des Kölner
Flughafen der Postsäcke in den Frachtraum der Dornier Merkur D-711 "Löwe"
einlädt.
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Dienst am Flughafen Köln
Wie der Dienst auf dem Flughafen ablief, wurde hier sehr anschaulich in
diesem Zeitungsbericht beschrieben.
Die
Abfertigungsschalter des Flughafen Köln |
von Links (Bitte bewegen Sie den Cursor
für weitere Informationen über das Foto.) Schalter 1 =
Passkontrolle Polizei Abfertigung Schalter 2 = Auskunft
Schalter 3 = Flugscheinverkauf Schalter 4 = Hansgepäck
Abfertigung Der eckige Tresen, Zollring genannt, auf der linken Seite des Fotos
wurde für die Zollabfertigung genutzt. Rechts im Hintergrund die
Tür in den Personalbereich, links ging es zum Flugfeld und den
Flugzeugen. |

Das Flughafenrestaurant |
In diesem
Restaurant rief Herr Kündgen mit einem Schild mit der Aufschrift
des nächsten Zielflughafen die Fluggäste zu den wartenden
Maschinen. Wie Herr Kündgen erzählte, konnte es schon einmal
vorkommen, dass Gäste des Restaurants relativ spät ihre Mahlzeiten
bekamen und sich beschwerten. Daraufhin informierte Herr Kündgen den
Piloten, der dann schon mal ein paar Minuten später startete.
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Die Aussichtsterasse des Flughafen Köln
Butzweilerhof. |
Im Sommer saßen Passagiere bei schönem
Wetter auf der Aussichtsterasse. So mussten die Luftboys auch hier
die Passagiere über die nächsten Abflüge informieren. |
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Bei den, im
Verhältnis zum Gewicht eines Menschen, relativ kleinen
Passagier-maschinen, war es wichtig das Gesamtgewicht zu kennen um
eine Überladung zu vermeiden. Wie Herr Kündgen erzählte, waren die
Waagen so gebaut. dass die Passagiere ihr Gewicht nicht sehen
konnten Zitat Kündgen: "und das war gut so.".. |
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 In
dieser Zeit ist auch das Werbeplakat der Lufthansa "Bitte
einsteigen" von Hans Vogel entstanden. Hans Vogel schuf eine ganze
Reihe der typischen Lufthansa-Werbeplakate. Wie Herr Kündgen erzählte, wurde das Plakat nach
einem Foto von ihm gestaltet. Auf diesem Plakat ist noch die typische
beigefarbene Pagenunifom zu sehen. Später wurden diese Pagenuniformen durch
Kieler Matrosenanzüge ersetzt. Diese Matrosenuniformen wurden dann auch in
Plakate integriert.

Nachdem Kaiser Wilhelm II selber Matrosenuniformen getragen hat, waren
diese Unformen seit dem Kaiserreich beliebt. Noch heute sind
Matrosenuniformen weltweit beliebt und werden so z.B. auch oft als
Schuluniformen getragen. Vielleicht liegt der Grund, warum
Matrosenuniformen bei der Lufthansa als Pagenuniformen getragen wurden, in
der Tatsache, dass Luft- und Seefahrt Seelenverwandte sind.
Da
auf beiden Fotos die beiden bekannten Luftboys des Butzweilerhofs zu sehen
sind, kann man sicher sein, dass diese Fotos der Lufthansa in Köln
aufgenommen wurden.

Dieses interessante Foto zeigt rechts die beiden Luftboys vor der
Junkers F 13 D-332 "Elster", wobei Hans
Kündgen ganz rechts steht. Vorne links ist die Treppe zu sehen die die
Luftboys an die Flugzeuge rollen mußten. Rechts der Gepäckwagen auf dem
die Koffer zu den Flugzeugen transportiert wurden. Zu diesem Foto
erzählte Herr Kündgen, dass der Fotograf noch "Passagier" für
das Foto suchte.
Daraufhin wurden zwei Stenotypistinnen des Flughafenpersonals als "Passagierstatisten" dazu
geholt. Eine der Damen kam aus der Personalabteilung, die andere aus dem
Frachtbereich.

Eine typische Szene auf dem Flughafen Butzweilerhof beim Einstieg in
das Flugzeug, hier eine Junkers G24. Die Lufthansa schreibt dazu: "Bitte
Platz nehmen in Richtung Köln - Paris". Während die Passagiere über ein Leiter in das
Flugzeug einsteigen, warten die Luftboys, um das Gepäck nachzureichen.
Hans Kündgen ganz links auf dem Foto.
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Hans
Kündgen, zweiter von links, mit Kollegen vor dem Frachtbereich des
1936 neu gebauten
Flughafengebäudes.

Herr
Kündgen war bis zum Ausbruch des Krieges in der Frachtabteilung
beschäftigt. Auch nach dem Krieg arbeitet er auch in der neuen Lufthansa
am Flughafen Köln-Wahn im Frachtbereich. Sein Dienst begann am 21.
Januar 1955 und endete am 31. Mai 1975. |
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Wie
so viele, wurde Hans Kündgen am 1. September mit dem Ausbruch des 2.
Weltkrieges einberufen. Er erzählte, dass sie auf Lastwagen steigen mußten
und nach Berlin-Staaken transportiert wurden. Seine Dienstzeit verbrachte
er zunächst in Norwegen und danach in Dänemark. Später war er in Russland
auf dem Fliegerhorst
Stalino mit der Wartung von Ju 52
beschäftigt die als Transportmaschinen der Luftwaffe
eingesetzt wurden. Die Motoren der Ju52 mußten nach 600 Betriebsstunden in
der Werft generalüberholt werden. Da er auch die Wartungsbücher führte,
wußte er wen er bzgl. eines Rückfluges fragen mußte. Fast alle Piloten der Ju 52 Transporter waren
ehemalige Piloten der Lufthansa. Diese Piloten kannten natürlich auch den
Flughafen Köln und das Kölner Flughafenpersonal. Auf Grund der
Bekanntschaft mit Flugkapitän Schlehan (ehemals Lufthansa)
konnte Herr Kündgen jetzt innerhalb von zwei Tagen nach der Geburt seines Sohnes
am 11. September 1942 von Russland aus über Königsberg nach Berin-Staaken.
Vor dort aus mit der S-Bahn zum Bahnhof Friedrichstraße um dann mit dem
Nachtzug nach Köln zu fahren.
Wie er mit einem Lachen erzählte, war seine Frau sehr überrascht.
Den Krieg überstand er unbeschadet. |
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Am 1. Mai 1953 began das Büro Bongers in Köln
im Haus Kaiser-Wilhelm-Ring 20 mit dem Aufbau der zweiten Lufthansa. Einer
der ersten Mitglieder war Hans Kündgen, der am Flughafen Köln-Wahn im
Gepäckbereich arbeitet. |
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Hans Kündgen verabschiedete sich im hohen Alter von 96 Jahren und fand
seine letzte Ruhestätte
auf dem Südfriedhof in Köln.
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 Am
3. August 2012 stellte die bekannte und
international tätige neuseeländische Künstlerin Rosie Louise ihr neues
Bild "Blitzflug" vor. Dieses Bild zeigt die Gebäude des Butzweilerhof von
1936 mit dem Blitzflugzeug Heinkel He 70 und der Heinkel He 111 D-AXAV
"Köln". Im Kapitel "Blitzflug" können
Sie die gesamte Geschichte lesen.
Herr Kündgen hätte sich
über das Bild bestimmt sehr gefreut. |
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