Zu Beginn des Krieges beherrschten die
deutschen Luftschiffe den Himmel über Europa.
So wurde der erste Luftangriff auf eine zivile Stadt von Köln aus mit dem
Luftschiff Z VI "Cöln" auf Lüttich am 5. August 1914 gestartet. Am
24. August
wurde, wieder von Köln aus, der ersten von vier Luftangriffen auf Antwerpen durch das Luftschiff LZ
17 "Sachsen"
gefahren. Im Lauf des Krieges wurden viele andere europäische Städte
von den unterschiedlichen Zeppelinhäfen angegriffen was u. a. viele Tote zur Folge hatte.
Sowohl auf deutscher, als auch auf englischer Seite, war man sich der Gefahr
bewusst. So ließ der Kommandant des in Cöln stationierten Luftschiffs LZ 17
"Sachsen" Ernst Lehmann - der am 7.Mai 1937 mit dem Luftschiff LZ 127
"Hindenburg" umkommen sollte - über der Luftschiffhalle in Bickendorf ein
Netz spannen um Bomben bereits über dem Dach abzufangen. Durch Probeabwürfe
musste aber fest gestellt werden, dass die Testbomben durch das Netz fielen. Aus diesem Grund verlegte man sich auf eine aktive Luftabwehr, indem
rund um die Luftschiffhalle, aber auch auf dem Dach, Flugabwehrkanonen
stationierte. Auf den Hallen wurden Posten mit Maschinengewehre stationiert. Auf
der anderen Seite des Kanals in London machte sich auch der Erste Lord der
Admiralität Winston Churchill Gedanken über eine Abwehr und Eliminierung
der deutschen Zeppeline. Nach den ersten Angriffen stationierte er in
Belgien besondere
Fliegerstaffel in ca. 100 km Umkreis rund um die Zeppelinhäfen. Auch wurden
Angriffe auf die Luftschiffhallen in Cöln und
Düsseldorf geplant. Am 11. September 1914 sollte der erste Angriff
starten. Allerdings zerstörte ein Sturm die bereit gestellten Flugzeuge
innerhalb von Minuten.
Unter
der Führung von Oberstleutnant Charles Rumney Samson der Eastchurch-Squadron
des RNAS (Royal
Naval Air Service), wurde von Antwerpen
aus am 22. September 1914 ein zweiter Luftangriff auf die beiden Luftschiffhallen in
Köln und Düsseldorf durchgeführt. Dieser Luftangriff verlief aber erfolglos,
die Piloten fanden wegen Nebels die Ziele nicht. Anfang Oktober hatten die deutschen Truppen die Stadt Antwerpen fast
erobert. Der
Äußere Festungsring um Antwerpen war durch den Einsatz schwerer
Artillerie (30,5-cm- und 42-cm-Mörser) sturmreif geschossen worden und
gefallen. Nun griffen die deutschen Heereseinheiten den
Innere Festungsring an. Squadron
Commander D. A. Spenser Grey und Flight Lieutnant L. G. Marix sollten einen
dritten Angriff durchführen bevor der Flugplatz Antwerpen durch Eroberung
nicht mehr benutzbar war. Es war größte Eile geboten. Obwohl fast alle Truppen die Stadt bereits
verlassen hatten, ließ man für diesen Zweck noch einige Mechaniker und
Fluchtfahrzeuge zurück um die Piloten nach der Rückkehr in
Sicherheit zu bringen. Fast wären durch den starken Artilleriebeschuss die
startklaren Maschinen schwer beschädigt oder sogar zerstört worden.
Der
für den frühen Morgen geplante Angriff mußte wegen starken Nebels im Raum
Antwerpen verschoben
werden. Mittags gegen 13:30 Uhr startete Commander Spenser Grey gegen Köln.
Dabei handelte es sich um den
ersten Luftangriff auf Deutschland.
10
Minuten später startete Lieutnant Marix gegen die Luftschiffhalle in
Düsseldorf.
![Zeitungsmeldung: Angriff auf die Gasanstalt Ehrenfeld](1910/Angriff_Luftschiffhafen/Gasanstalt_Ehrenfeld.jpg)
![Zünder der Bombe die im Oktober 1914 auf die Gasanstalt Köln-Ehrenfeld angeworfen wurde.](1910/Angriff_Luftschiffhafen/Luftschiffhalle_1914.jpg) |
Zünder der Bombe die im Oktober 1914 auf
die Gasanstalt Köln-Ehrenfeld abgeworfen wurde. |
Gegen 16:00 Uhr war Commander Grey über der Luftschiffhalle in Bickendorf.
Wegen des
starken MG-Abwehrfeuers war es ihm aber nicht möglich so nah an die
Luftschiffhalle zu kommen, dass er seine Bomben gezielt abwerfen konnte. Aus diesem Grund nahm er Kurs auf das
Gaswerk in Ehrenfeld. Dieses Gaswerk wurde gebaut um Wasserstoff für die
Luftschiffe, die in Bickendorf stationiert waren, herzustellen. Somit war
dieses Werk also ein kriegswichtiges Ziel. Auf das Gaswerk warf er seine
Bombe ohne Schäden zu erzielen. Der Zünder dieser Bombe wurde gefunden
und gehört heute zu den Exponaten des Kölnischen Stadtmuseums. Von Ehrenfeld
aus flog Lt. Spenser Grey in Richtung
Südbrücke. Warum er in diese Richtung flog ist nicht bekannt. Möglicherweise
versprach er sich über dem Rhein eine geringere Flugabwehr. Von der Südbrücke
aus drehte er nach
Westen ab um in Richtung Belgien zu fliegen und kam so in den Bereich der Luftabwehr von Fort VI
Deckstein.
Fort VI Deckstein von Osten aus gesehen.
Dies müßte auch die Sicht bzw. Anflugrichtung von Commander Grey gewesen
sein.
Aus
dem Kölner Festungsring konnte er unbeschadet entkommen und zurück nach Belgien fliegen.
Allerdings wurde die Maschine auf dem Rückflug von Fort VI - Deckstein - beschossen. Trotzdem gelang
eine sichere Landung auf dem Flugplatz von Antwerpen. Hier hatten die
Monteure bereits eine beschädigte BE-2 repariert und warteten auf die beiden
Piloten um dann selber per Auto möglichst schnell die Stadt verlassen zu
können.
Die beiden Piloten sollten nach der Landung mit dieser voll aufgetankten
Maschine schnell den Bereich Antwerpen verlassen. Allerdings wurde das
Flugzeug durch Artilleriebeschuss beschädigt und war fluguntauglich. Am
anderen Ende des Rollfeld erschienen auch bereits die ersten deutschen
Soldaten. So
blieb den Piloten nichts anderes übrig als mit den Monteuren per Auto zu
fliehen. Lt. Grey wurde nach London zur Admiralität beordert um persönlich
über den Angriff zu berichten. Später erhielten beide Piloten den Orden
Distinghuised Service Order. Lt
Spenser erhielt den Orden für die Bombardierung "des Hauptbahnhof". Lt.
Matrix erhielt den Orden für die Bombardierung der Luftschiffhalle Düsseldorf.
Bei der Recherche zu diesem
Kapitel gab es unterschiedliche Versionen des Angriffs. Während ein
damaliges Kölner Extrablatt (s. u.) schreibt, dass die Gasanstalt in
Ehrenfeld angegriffen wurde, berichten britische Quellen von einem Angriff
auf den Kölner Hauptbahnhof. Ein Angriff auf den Hauptbahnhof würde
zumindest den Umweg über die Südbrücke erklären. Über dem Rhein wäre der
Pilot relativ weit weg von MG-Schützen gewesen, die vielleicht im Innenstadtbereich stationiert waren.
Der Angriff auf die Gasanstalt Ehrenfeld könnte aber auch als militärischen
Erfolg gewertet werden. Dort wurde der Wasserstoff für die Luftschiffe
hergestellt.
Auf der hier abgebildeten Grafik sind die unterschiedlichen Flugstrecken
eingetragen. Blau - deutsche Version Grün - englische
Version
|
![Lage der Luftschiffhallentore Köln Bickendorf](1900/Luftschiffhalle/Lage_Luftschiffhalle_1.jpg) |
Der Standort der Luftschiffhalle
und Schauplatz des ersten Luftangriffs auf Deutschland.
Köln-Bickendorf, Matthias-Brüggenstraße Bitte bewegen Sie den Cursor über das
Bild. |
Ca. zehn Minuten nach Lt. Spenser Grey in Richtung Köln, war Lt. Matrix
auf die Luftschiffhalle Düsseldorf-Golzheim gestartet. Nachdem er die
Halle im 22. September wegen Nebels nicht gefunden hatte, hoffte er nun,
diese Halle bombardieren zu können. In der Zwischenzeit war aber auch
eine neue Luftschiffhalle in Lohhaus gebaut worden und sowohl die
Luftabwehr als auch das neue Luftschiff LZ IX dorthin transferiert
worden. In der Annahme, es würde sich um die Halle in Golzheim handeln
flog er mit der Höchstgeschwindigkeit von ca. 130 km/h auf die Halle zu
und warf zwei Bom-ben. Die erste Bombe explodierte kurz vor der Halle
ohne Schaden anzurichten. Aber die zweite Bombe durchschlugen das Dach der Halle und
explodierten im Inneren. Dadurch wurde das nagelneue Luftschiff Z IX
getroffen. Die mit Wasser-stoff gefüllten Auftriebskörper schlugen leck wodurch starke Brände ausbrachen. Die in der Halle gelagerten
Bomben wurden durch das Feuer aber nicht zur Explosion gebracht. Obwohl
das Luftschiff als Totalverlust abgeschrieben werden mußte, wurde die
Luftschiffhalle nur gering beschädigt.
Der Luftangriff auf Cöln sollte aber nicht der einzige Luftangriff bleiben. Am 2.
Oktober 1917 wurde Cöln Nachts bombardiert. Als Vorsichtsmaßnahme wurden
die kostbaren Domfenster ausgebaut und ausgelagert. Der nächste
Angriff ereignete sich am 18. Mai 1918. Englische Flieger warfen mittags
bei klarer Sicht und gutem Wetter 23 Bomben über dem Waidmarkt, dem
Neumarkt und dem Volksgarten ab. Dabei kamen 41 Menschen ums Leben, 47
wurden verletzt. In den folgenden Jahren wurden dann immer wieder
alliierte Flieger über der Stadt gesichtet. Aber auch das war nichts im Vergleich zu dem, was 24
Jahre später über Köln herein brechen würde. |